Inzwischen Standard: Nachts ein bisschen
frieren im Schlafsack, mindestens einmal in Sachen Notdurft rausmüssen, morgens
gut erholt und ohne Kopfschmerzen aufwachen, Reißverschluss am Zelt nach "Good
Moring, Coca Tea" drei Handbreit öffnen, Tee mit "Muchas Gracias" entgegen
nehmen, feststellen, dass der Himmel wieder im schönsten Blau erstrahlt, einpacken,
frühstücken, acht Uhr Abmarsch ... Halt! Heute war beim Frühstück etwas anders:
Zum ersten mal gab es roten Mais-Porridge
(Ines
fand ihn lecker, ich hab ihn ignoriert) und frisch ausgebackene Fladen, die
allgemein mit großem Genuss verspeist wurden.
Durch grobe Blöcke gewinnen wir schnell an Höhe, erreichen früher als sonst den wärmenden Sonnenschein. Wieder und wieder sucht mein Blick den Bach unter uns: Er bildet die schönsten Mäander, die ich je sehen durfte. Die Kamera bekommt meine Begeisterung sofort zu spüren ...
Nach einer Stunde rasten wir länger und werden schon hier vom "Tross" mit dem Gepäck überholt. Und ich hab ein Problem! Solche Probleme möchte man nur ganz alleine und allen Blicken entzogen erledigen. Der einzige, einigermaßen sichtgeschützte Platz liegt 50 Meter entfernt hinter einem Felsvorsprung über einem wahnsinnig steilen Hang. Unter solch extremen Bedingungen musste ich mich auch noch nie erleichtern. Kein Witz: Ich habe wirklich minutenlang Angst, bei diesem akrobatischen Akt den Halt zu verlieren ...
Als wir eine halbe Stunde später ein
Hochplateau mit idyllisch gelegenem Bergsee ansteuern, weicht alle Unbill
andächtigem
Staunen. Fotografierend umrunde ich den See. Glasklar, mit fast unbewegter
Oberfläche, spiegelt er das herrliche Panorama der 6000er. Ein berückend
schönes Bild. Auch hier gönnt uns Moises eine halbe Stunde des Schauens und
Wohlfühlens. Der eigentliche Pass, "Hankolakaya", 80 Höhenmeter weiter oben, lädt
dagegen kaum zum Verweilen ein. Dahinter schließt sich ein beschaulicher Abstieg
über mäßig geneigte Almen an. Kurz vor der angekündigten Piste, die die
Cordillera an dieser Stelle von Südost nach Nordwest durchschneidet, steht die
Mittagspause an. Der Marsch zum heutigen Lagerplatz führt uns danach wenig
ansteigend und absolut "ätzend" mehrere Kilometer über die Straße. Die Aussicht,
morgen ausschließlich auf der staubigen Piste marschieren zu müssen, drückt
meine Stimmung schon ein wenig. Zum Glück kommt während der ganzen Zeit nicht
ein Fahrzeug vorbei.
Unser Lager finden wir in einem alten,
teilweise verfallenen Bauernhof. Moises sagt, dass der Besitzer nur selten
einmal vorbei kommt, um nach dem Rechten zu sehen und man die Erlaubnis habe
hier zu zelten. Die Zelte drängen sich im Hof zwischen den Gebäuden dicht
zusammen. Vorsicht ist geboten, sonst stolpert man unversehens über die
Spannseile. Die Straße ist von hier nicht zu sehen und die Aussicht hat immerhin
ein paar Gletscher zu bieten. Wir sind
früh angekommen. Die Sonne gönnt uns noch
ein paar Stunden. Jochen (I) und (II), Heri, Ines und ich genießen, mit dem
Rücken an eine Hauswand gelehnt, die Wärme.
Zum Abendessen heißt es "Wein ist ausgegangen". Dafür kreist anschließend eine Schnapsflasche. Nichts für mich, da kann ich mir ja gleich mit einem der Felsbrocken da draußen auf den Kopf hauen! Einige sind nicht so zimperlich, mit dem Ergebnis "lockerer Zungen", die dann in Torstens und Michaels Ecke zu lauten und hitzigen Diskussionen führen ...