
Starke Kopfschmerzen plagen mich in der Nacht.
Abends, nachts und früh werfe ich mir Schmerztabletten ein. Doch erst nach dem
Aufstehen klingen die Beschwerden dann ab. Ja, so kenne ich das aus Nepal. Das
englische Frühstück nehmen wir mit Blick
auf den See ein, über dem sich der
Himmel ganz langsam, mit Pastellfarben, auf den Sonnenaufgang vorbereitet.
In tief
stehender Morgensonne beginnt unsere Eingehtour, die entlang der Bucht von
Copacabana, später über die sich anschließende Halbinsel zur Bootsanlegestelle
von "Sampaya" führen wird. Farbenfrohe Eindrücke hinterlässt der Marsch durch
Copacabana, wo wir auf dem Platz vor der weißen Kathedrale "Virgen de la
Candelaria" mit der weltberühmten Schwarzen Madonna stehen bleiben. Beide
Straßenränder vor der Kirche und die Stufen zum Kirchplatz sind von Händlern
dicht belagert. Dort gibt es alles zu kaufen, was der Wallfahrer braucht: Nachbildungen der Madonna, Kerzen aber auch Spielzeug für die Kinder
und Süßigkeiten - alles sehr farbenfroh.
Vor der Kirche, am Portal der Kirche,
später in der Sakristei vor der Madonna: Moises erklärt, trägt vor, beantwortet
Fragen über Fragen. Was der alles weiß! Zum Beispiel eben auch, wie der Name der
Stadt "Copacabana" über die Schwarze Madonna Namensgeber für den weltberühmten
Strand in Rio de Janeiro wurde ... Wenn ich mich recht entsinne, wurde eine Kopie
der Madonna vom Wallfahrtsort "Copacabana" nach Rio verbracht. Im Anschluss an
die
Kirchenbesichtigung verstreicht weitere Zeit durch den Einkauf von "Sorojchi
Capsulas". "Soroche" ist die bolivianische Bezeichnung für die Höhenkrankheit.
Moises Flores hat mir das Präparat empfohlen. Ich erstehe es in einer nahe
gelegenen "Farmacía". Letztlich enthalten sie auch nichts anderes als Acetylsalicylsäure,
die auch dem allseits bekannten Aspirin zur Wirkung verhilft.
Mal sehen, ob
mir die gewaltigen Kapseln in den bevorstehenden Nächten Linderung verschaffen
werden. Auch Jochen
(I), Heri und andere aus der Gruppe nutzen die Gelegenheit und decken sich mit "Capsulas"
ein. Die sind nicht mal billig: 20 Stück kosten 60 Bolivianos, was dem Gegenwert
von ungefähr sieben Euro entspricht.
Es dauert fast zwei Stunden, bis wir unsere
Wanderung fortsetzen können. Beim Marsch aus der Stadt bieten sich interessante
Einblicke in das Leben der Menschen. Man begegnet der Gruppe mit freundlichen
Blicken und wir tauschen viele gut gemeinte "Buenos Dias" aus. Schüler vor ihrer
Schule, Nachbarn im Gespräch, Männer und Frauen bei der Arbeit - Alltag in
Copacabana. Die Wanderung macht Spaß. Kurios: Eine Frau mit Schwein an der Leine
kommt uns entgegen. Teilweise zentimeterdick liegt der Staub auf der Piste. Wie
lange hat es schon nicht mehr geregnet? Wir umrunden die malerische Bucht.
Eine junge Frau mit Baby auf dem Rücken hat denselben Weg wie wir. Bald eine halbe Stunde ringe ich mit mir, ob ich sie um ein Foto bitten soll. Ihr Lächeln ist einladend. Als wir rasten und ich es dann endlich wage, ist klar was sie erhoffte: Sie lässt sich den Schnappschuss mit Bolivianos vergüten. "3,50" von mir sind sicher ein guter Tarif. Jochen (II) "versaut" die Preise, er zahlt gar 10 Bolivianos. Routiniert stellt sie sich darauf in Positur. Arrangiert und daher wertlos - auf diese Bilder bin ich nicht stolz.
Ein langes intensives Gespräch mit Jochen (I)
und Heri entspinnt sich, während wir um eine weitere Bucht bis zur nächsten Rast
marschieren. Danach
geht es aufwärts, mäßig steil aber aufwärts. Bis zum Mittagsrastplatz auf der Spitze
eines Hügels sind etwa 250 Höhenmeter zu schaffen. Die erste ernst zu nehmende
Steigung zum Test der Anpassung. Daniel hat Probleme mit dem
Tempo, ein Unterleibsschmerz beutelt ihn. Auch Jochen (II) kämpft sichtlich. Jochen (I) und Heri schalten ganz bewusst einen Gang zurück und hängen
ein wenig hinterher. Mir selbst geht es heute ausgezeichnet. Nach zwei
Gehstunden auf der Hügelkuppe angelangt, fühle ich mich noch immer topfit und
nicht ausbelastet. Von unserem Standort sind herrliche Fernblicke beidseits der
Halbinsel über den See möglich.
Die Mittagsrast hat mir nicht so gut getan. Schon bald
nach dem Aufbruch spüre ich erste Ermüdungssymptome. Schließlich senkt sich
der Weg nach "Sampaya". Ein alter Ort, der einen ganz und gar ausgestorbenen
Eindruck hinterließe, wären da nicht drei Kinder, denen Jochen (II) den größten
Teil seines heutigen Lunchpaketes schenkt. Von "Sampaya" geht es steil hinunter in
eine der zahllosen Buchten. Wieder ein Triumph bolivianischer Organisation: Ein
weißes Motorboot wartet in dieser verlassenen Bucht bereits auf uns. Zufrieden
sinke ich auf das Sitzpolster. Die zwanzig Minuten Überfahrt zur Sonneninsel ("Isla
del Sol") sind willkommene Rast.